Nasenarbeit ist Bindungsarbeit
Hier liest du alles Wissenswerte über die Nasenarbeit und wie sie die Bindung zu deinem Hund stärkt.
In der insieme Hundeschule arbeiten viele Teams im Bereich der Nasenarbeit: Personensuchen (Mantrailing), versteckte Gegenstände oder angereicherte Umgebungen können unsere Hunde fordern und fördern. Was macht die Nasenarbeit bei Zwei- und Vierbeinern so beliebt? Und weshalb ist sie eine so wirkungsvolle, zufriedenstellende Form der Auslastung?
«Nasenarbeit ist ein sehr ursprüngliches Verhalten des Hundes, der sich mit Gerüchen in seiner Umwelt orientiert und Futter findet», sagt unsere Trainerin Claudia Dieckmann. «Dieser Grundinstinkt kommt bei der Nasenarbeit zum Einsatz.»
Das ausgeprägte Riechorgan des Hundes machen sich Menschen bereits seit Tausenden von Jahren zu Nutze, beispielsweise auf der Jagd oder Trüffelsuche. Hunde finden Verschüttete nach Erdbeben und Lawinen – oder machen Drogen ausfindig. Sie riechen, ob ein Mensch mit Diabetes die nächste Insulin-Spritze braucht oder welche Fichten vom Buchdrucker (Borkenkäfer) befallen sind.
Nasenarbeit erfordert viel Konzentration, macht aber auch Spass: «In unserer Hundeschule konnten wir beobachten, dass kaum eine andere Arbeit die Hunde so zufrieden macht wie die Nasenarbeit», sagt Claudia.
Hunde können räumlich riechen
Fährten und Suchspiele sind Kopfarbeit für den Hund. Viele Menschen beobachten, dass ihr Vierbeiner nach einer Fährtensuche ausgelasteter ist als nach einem langen Spaziergang. Das hängt mit dem Hundehirn zusammen: Die Duftstoffe aus der Umwelt gelangen von den Nasenlöchern durch die Siebbeinmuscheln (Nasengänge) zur Riechschleimhaut im Nasengrund. Dort befindet sich das Siebbein («durchlöcherter» Knochen), der mit unzähligen Riechzellen überzogen ist. Zusammen bilden sie das Riechfeld. Je nach Hunderasse sind es mehr oder weniger Riechzellen – aber immer ein Vielfaches mehr als beim Menschen.
Die Riechzellen verarbeiten die eingetroffenen, chemischen Botschaften aus den Duftkörpern und leiten die Informationen ans Riechhirn weiter. Dieses ist im Vergleich zum Menschen riesig, denn es macht rund zehn Prozent des Hundehirns aus (beim Menschen ist es knapp ein Prozent). Das Riechhirn verarbeitet laufend die Botschaften und ordnet sie räumlich ein. Dies ist möglich, weil die Nasenlöcher des Hundes weiter auseinander liegen als die Riechweite jedes einzelnen Nasenlochs (Stereoriechen genannt).
«Das heisst, jedes Nasenloch zieht Luft von einem räumlich versetzen Umfeld an», erklärt Dr. med. vet. Andrea Meyer. Hunde brauchen nur fünf Schritte, um die Richtung der Fährte zu definieren. In anderen Worten: Nasenarbeit ist Hochleistungssport für das Hundehirn und fördert damit die Konzentrationsfähigkeit.
Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte Jacobson'sche Organ – auch Nasenbodenorgan oder Vomeronasalorgan genannt. Dieses wundersame Geruchsorgan hat keine direkte Verbindung zum Riechfeld, sondern: «Wasserlösliche, schwere Geruchspartikel wie Pheromone gelangen über Nase und Mundhöhle zum Jacobson'schen Organ und wirken dort auf das limbische System und die Emotionen», erklärt Andrea.
Der Hund riecht also nicht, er «schmeckt» die Gerüche seiner Artgenossen. Das wiederum hat einen direkten Effekt auf sein Verhalten und seine Gefühlswelt. «Viele Rüden klappern beim Schnüffeln mit den Zähnen oder haben Schaum an der Schnauze. Oft können sie kaum von der Stelle ablassen. Das Jacobson'sche Organ zu verstehen, hilft uns deshalb, unseren Hund besser zu verstehen», sagt Andrea.
Ist jeder Hund für die Nasenarbeit geeignet?
«Grundsätzlich steckt es in jedem Hund», sagt Claudia, «aber die Persönlichkeit und die individuellen Interessen gilt es zu berücksichtigen.» Nasenarbeit lernen kann jeder Hund, aber nicht alle finden Freude daran. Das Alter, die Kondition und Konzentrationsfähigkeit spielen ebenfalls eine Rolle.
Zudem übt auch der Mensch am anderen Ende der Leine Einfluss aus: «Es ist wichtig, dass wir unseren eigenen Leistungsdruck nicht an unseren Hund weiterreichen. Die Nasenarbeit erfordert Freiheit: Der Hund muss keine Leistung abliefern, sondern wir dürfen zusammen die Welt der Gerüche entdecken.» Viele Halterinnen und Halter seien anfangs sehr überrascht und stolz auf ihre Vierbeiner, die eine Arbeit machen, zu welcher der Mensch nie imstande wäre. «Oft höre ich den Satz 'Ich hätte nie gedacht, dass er das kann!' Wir lernen, unsere Tiere und ihr Können mit anderen Augen zu sehen», sagt Claudia.
sniff sniff sniff
Vom Anfänger zum Profi
Zu Beginn sollte die Nasenarbeit sauber aufgebaut werden: «Zu sehen, wie ein Hund beginnt, seine geruchliche Umwelt besser zu verstehen, kann sehr lustig und spannend sein», erzählt Claudia. Die insieme Hundeschule baut die Nasenarbeit langsam und dem jeweiligen Hund angepasst auf. Für den Hund ist es eine Arbeit, die ihm hilft, seine Konzentrationsfähigkeit und sein Selbstbewusstsein zu stärken. «Gerade für hibbelige Hunde ist diese Form der Auslastung sehr hilfreich.»
Ein weiterer Effekt der Nasenarbeit ist, dass die Beobachtungsgabe für das eigene Tier geschult wird. «Kundinnen und Kunden, die bereits länger bei uns fährten, erkennen, ob ihr Hund verunsichert ist oder gerade blufft», sagt Claudia.
In der insieme Hundeschule fährten Hunde auch in 2er- und 3er-Teams. Neben der Nasenarbeit wird damit auch der Sozialkontakt gepflegt. Fortgeschrittene Teams bekommen entsprechend anspruchsvollere Fährten – auf schwierigen Untergründen (wie Beton) oder ältere Fährten (bis zu 24 Stunden alt). Auch Regen, Wind und Schnee können zum Zug kommen, um Profis eine Herausforderung zu bieten.
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Die Nase im Alltag
Nasenarbeit ist auch in den eigenen vier Wänden, draussen im Garten oder unterwegs integrierbar: «Jeder Spaziergang ist Nasenarbeit», sagt Claudia. Die Umwelt ist für den Hund mit vielen Informationen angereichert. «Wir sollten unseren Hunden deshalb die Zeit lassen, ihre Umgebung erkunden zu können.»
Für den zusätzlichen Spass kann ab und zu ein Futterbeutel mitgenommen und während des Spaziergangs versteckt werden. Auch Schnüffelteppiche und -spiele sind eine gute Beschäftigung für die Nase – beispielsweise an regnerischen Tagen. Hat der Hund jedoch ein Spiel einmal durchschaut, ist der Spass schnell wieder vorbei und er kommt ohne weiter nachzudenken zum Ziel. Denn das Hundehirn samt Riechorgan ist wirklich sehr clever.